Grundsätzlich gilt bei allen Krebsarten, dass die Erkrankung möglichst früh erkannt werden sollte. Denn je früher der Krebs entdeckt wird, desto besser sind in der Regel die Heilungschancen. Wenn bei einem Patienten eine Leberzirrhose, eine chronische Hepatitis-B-Infektion oder eine Fettleber vorliegt, sollten Untersuchungen zur Früherkennung von Leberkrebs angeboten werden. Dies gilt zumindest dann, wenn der Betroffene grundsätzlich geeignet ist, sich einer Therapie von Leberkrebs zu unterziehen.
Zur Früherkennung von Leberkrebs sollte bei diesen Patienten ein Ultraschall der Leber durchgeführt werden, wobei sowohl das Ultraschallgerät als auch der diagnostizierende Arzt der DEGUM Stufe II entsprechen sollten. DEGUM steht für Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin. Diese bietet eine spezielle Zertifizierung, die nur Ultraschallanwender erhalten, die nachgewiesene Erfahrungen in diesem Bereich vorweisen können und über entsprechende Gerätschaften für die Untersuchung verfügen. Die Geräte dieser Zertifizierungsstufe sind besonders für ein Ultraschall des Abdomens geeignet. Die Zertifizierung wird für drei Jahre vergeben, dann muss eine Rezertifizierung erfolgen.
Die Patienten sollten im Rahmen der Früherkennung jedes halbe Jahr eine Ultraschalluntersuchung der Leber durchführen lassen. Eventuell wird auch eine AFP-Bestimmung vorgenommen. AFP steht für das sogenannte Alpha-1-Fetoprotein. Es gilt als Tumormarker bei fortgeschrittenem Leberkrebs. Als alleiniges Kriterium zur Früherkennung von Leberkrebs ist der AFP-Wert allerdings nicht geeignet.
Die Maßnahmen zur Früherkennung von Leberkrebs haben sich bereits als sinnvoll erwiesen. In Deutschland nimmt die Zahl der im frühen Stadium diagnostizierten Fälle von Leberkrebs seit einiger Zeit signifikant zu. Die Zahl der erst im späteren Stadium erkannten Fälle nimmt hingegen ab. Südkorea ist in diesem Zusammenhang ein gutes Vorbild: Hier wird mittels Ultraschall zur Früherkennung von Leberkrebs inzwischen mehr als die Hälfte aller Betroffenen in einem sehr frühen Stadium erfasst, sodass sich eine gute Behandlungschance ergibt.
Eine Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Leberkrebs ermöglicht Risikopatienten eine verbesserte Überlebenschance, da durch die Untersuchung ein Überleben von fünf Jahren oder mehr um mindestens 50 Prozent gesteigert werden kann.
Derzeit gehört die Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Leberkrebs jedoch noch nicht zu den Screenings, die gesetzlich verankert sind. Aus diesem Grund erhält nur ein Teil der Menschen mit den genannten Risiken diese Maßnahme zur Früherkennung regelmäßig und in qualitätsgesicherter Form. Die Deutsche Leberstiftung, die sich für mehr Gesundheit der Leber einsetzt, stellt jedem Risikopatienten einen Früherkennungspass bereit. Hier werden die Befunde der Früherkennung dokumentiert, sodass sowohl der Patient als auch der diagnostizierende Arzt einen Überblick über die Untersuchungen behält. Es gibt Pläne, mittelfristig eine bundesweite Strategie zur Früherkennung von Leberkrebs zu entwickeln und anzubieten, vor allem für Patienten mit chronischen Leberkrankheiten.
Fedor Singer